Wenn Gott seine Pfarrei erneuert…[1]
Seit etwa 50 Jahren überlegen die Päpste, wie Mission und Evangelisation auch in ehemals katholisch geprägten Ländern, in denen der Glaube geradezu verdampft, erfolgreich sein können. In Deutschland sind wir diesbezüglich noch in den Startlöchern.
In dem Buch Divine Renovation beschreibt der kanadische Pfarrer James Mallon, wie sich seine Pfarrei zu einer missionarischen Kirchengemeinde entwickelt hat. Im November konnten wir mit einer Gruppe von fünf Gläubigen aus unserer Pfarrei in Gelsenkirchen an einer Tagung von Divine Renovation teilnehmen. Es war für uns alle sehr beeindruckend, zu sehen und zu erleben, wie viele Menschen dort waren und wie sehr die Gemeinde dort zu neuem Leben gekommen ist. Die Pfarrei liegt im sozialen Brennpunkt Gelsenkirchens, wo es sicher nicht einfach ist, das Evangelium zu verkünden und Menschen im Geist Jesu zusammenzuführen. Trotz der dortigen Gegebenheiten haben sie es geschafft, (wieder) eine sehr vitale und lebendige Gemeinde zu werden.
Divine Renovation beruht auf drei Schlüsselelementen[2]:
1. Element: Willkommenskultur
Menschen, die in unsere Kirchen kommen, müssen in jedem Fall willkommen und angenommen sein. Gerade für Menschen, die noch nicht tief im Glauben oder in der Gemeinde verwurzelt sind, ist das enorm wichtig.
Kleine Dinge können dazu beitragen: Heißen Sie Menschen willkommen, wenn sie zufällig gleichzeitig bei der Kirche ankommen. Halten Sie ihnen die Tür auf oder reichen Sie ihnen ein Gesangbuch. Das sind eigentlich Kleinigkeiten oder Selbstverständlichkeiten, die aber doch einen Unterschied machen!
In unseren Gemeinden haben wir im Zusammenhang mit Gottesdienstfeiern in der letzten Zeit des Öfteren zu einem Umtrunk eingeladen. Diese kleinen Empfänge nach der Messe, in denen wir Gemeinschaft pflegen, sind mir persönlich und dem gesamten pastoralen Team sehr wichtig, weil wir in der Messe wirklich Gemeinschaft miteinander bilden: Gemeinschaft um Jesus Christus, aber natürlich auch miteinander. Es wäre schön, wenn die lokalen Teams oder andere Gruppen und Personen aus den Dörfern gelegentlich solche kleinen Empfänge durchführen würden. Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, was angeboten werden kann bzw. wie sie gestaltet werden können.
Machen Sie mit, wenn es darum geht, eine Willkommenskultur zu etablieren.
2. Element: Glaubenszeugnis
Schon Paul VI schreibt, dass die Menschen nicht mehr ohne weiteres bereit sind, den Glauben von Lehrern anzunehmen, sondern eher von Glaubenszeugen. In der heutigen Zeit gibt es viele Leute, die ihren Lebensstil und ihr Gefühlsleben öffentlich präsentieren. Es gibt eine „Kultur der Authentizität“. Jeder soll „echt“ oder „authentisch“ leben. Ob jemandem das imponiert oder eher seine Skepsis befördert, bleibt jedem selbst überlassen. Fakt ist: Viele Menschen stellen (befördert durch die sozialen Medien) heute öffentlich dar, was ihnen wichtig ist.
Als Christen sind wir da eher zurückhaltend. Vermutlich sind wir es nicht gewohnt und haben es nicht gelernt, über unseren Glauben zu sprechen. Vielleicht haben wir sogar Vorbehalte und haben das Bild des Pharisäers vor Augen, der gesehen werden will. Die Zeiten, in denen man im gesellschaftlichen Ansehen steigt, wenn man eine religiöse Praxis vorzeigen kann, sind allerdings vorbei. Umso wichtiger ist es, dass wir uns gegenseitig durch unser Glaubenszeugnis stärken und auch – um Jesu willen – vor anderen unseren Glauben bezeugen.
Es gibt dazu sicher viele einfache Gelegenheiten, die sich im Alltag ergeben: Wenn man Bekannte auf dem Friedhof oder in der Kirche trifft, zu besonderen Anlässen in der Nachbarschaft, … Gottesdienste, bei denen Mitfeiernde selbst zu Wort kommen und ihren Glauben und ihre Motivation zum kirchlichen Engagement bezeugen, sprechen an. In unserer Pfarrei und an anderer Stelle konnte ich das selbst erleben:
- eine Familie, die davon erzählte, wie sie durch die Erstkommunion ihrer Kinder zur Kirche zurückgekehrt sind.
- eine Frau, die berichtete, wie wichtig ihr die Messe ist, seit ihr ein Priester gesagt hatte, dass die Messe der eigentliche Höhepunkt des Tages ist.
- ein junger Mann, der erzählte, wie er sich seit seiner Jugendzeit für die Mitarbeit in der Pfarrei begeistert. Mittlerweile ist er Mitglied des Pfarrgemeinderates und verwirklicht viele Projekte in seiner Gemeinde.
Solche Zeugnisse sind unglaublich wichtig. Sie machen begreifbar, dass jede und jeder von uns gemeint ist und etwas zu sagen hat. Wir stärken uns dadurch gegenseitig in unserem Glauben und Engagement. Zudem können sie Fernstehende neugierig machen und motivieren!
3. Element: Alpha-Kurs
Mit einem 14-köpfigen Vorbereitungsteam biete ich in dieser Fasten- und Osterzeit einen Alpha-Kurs an. Was ist das? Solch ein Kurs ermöglicht die Auseinandersetzung mit wichtigen Lebens- und Glaubensthemen. Es geht darum, den Glauben besser kennenzulernen und zu vertiefen.
Jeder Kursabend besteht aus drei Teilen: einem gemeinsamen Essen, einem Impulsvortrag mit Glaubenszeugnissen und einem Austausch in Kleingruppen, wo die Teilnehmer über ihren persönlichen Glauben sprechen können.
Ich habe bereits ähnliche Kurse angeboten und war stets überrascht, wie schnell sich die Teilnehmer kennengelernt haben, über den Glauben und ihr Leben ins Gespräch gekommen sind, freundschaftlich zusammengewachsen sind und heute das Gemeinde leben sehr bereichern.
Eine ausführlichere Beschreibung findet sich im Artikel über den Alpha-Kurs. Bitte beten Sie für ein Gelingen des Alpha-Kurses, kommen Sie gerne dazu und laden Sie Menschen aus Ihrer Umgebung dazu ein!
Zusammenhang und Ziel der drei Elemente
(Willkommenskultur – Glaubenszeugnis – Alpha-Kurs):
Das Verbindende dieser drei Elemente und ihr Ziel ist die Gemeinschaft mit und um Jesus Christus. Diese Gemeinschaft dürfen wir ganz besonders deutlich in der Eucharistiefeier (= Messe) erleben. Jesus selbst ist in unserer Mitte und stärkt vor allem durch die Kommunion (Leib Christi) unsere Gemeinschaft mit ihm und untereinander. Das Wort „Kommunion“ heißt übersetzt „Gemeinschaft“. Wir haben in der Kommunion Gemeinschaft mit Jesus Christus und miteinander. Wir empfangen und kommunizieren also, was wir sind: Christi Leib.
Ich lade Sie herzlich ein: Machen Sie mit! Gott selbst geht uns schon voraus und führt Menschen zur Gemeinschaft mit sich!
Ihr Kooperator Carsten Mayer
[1] Der Titel und die folgenden Ausführungen lehnen sich an James Mallon an. MALLON, James: Divine Renovation. Wenn Gott sein Haus saniert. Von einer bewahrenden zu einer missionarischen Kirchengemeinde, Grünkraut 2017.
[2] D ie drei Schlüsselelemente werden durch die drei Schlüssel im Divine Renovation Symbol dargestellt. Der Schlüsselring symbolisiert die Eucharistiefeier.